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Leipzig Grün-As Stadtteilmagazin

In der Sache für Grünau

Die Landtagswahl und ihre Folgen für den Stadtteil

Mit der Landtagswahl am 31. August haben die Grünauer, wie auch der Rest von Leipzig, seit Januar 2013 an einen wahren Wahlmarathon hinter sich gebracht. OBM, Bundestag, Stadtrat sowie Europa- und Landesparlament wurden in den zurückliegenden Monaten neu bestimmt.

Dabei ist eine Entwicklung signifikant: 25 Jahre nachdem man sich das Recht auf freie Wahlen erkämpft hat, wird dieses immer weniger in Anspruch genommen. Das nur nebenbei bemerkt, denn eine genaue Analyse würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Stattdessen soll es um die direkten Auswirkungen des letzten Urnenganges für den hiesigen Stadtteil gehen.

Gleich drei Personen sind von dessen Ausgang in Grünau »betroffen«, wobei dies wohl nur in Bezug auf den bisherigen Grünauer Direktkandidaten Dr. Dietmar Pellmann von der LINKEN treffend formuliert ist. Mit dem uneigennützigen Verzicht auf einen sicheren Listenplatz zugunsten der jüngeren Generation, hat Pellmann hoch gepokert und verloren.

Mit 360 Stimmen weniger als sein schärfster Kontrahent Andreas Nowak von der CDU relativ knapp, aber eindeutig. Von vornherein galt der Wahlkreis 29 zu den beiden Leipziger Kreisen, die Spannung versprachen. Und hielten - zumindest in Grünau.

Lange Zeit lieferten sich die beiden politischen Rivalen ein Kopf-an-Kopf-Rennen und verfolgten dies obendrein praktisch sogar gemeinsam. Wie üblich konnte man den Wahlausgang nämlich im Rathaus mit verfolgen.

Als Andreas Nowak am Abend hinzu stieß, wurde er mit den Worten begrüßt: »Du liegst 70 Stimmen hinten!«. Später hieß es: 200 Stimmen vorn, dann wieder eine hinten ... Nowak kommentiert es im Nachhinein so: »Die ersten zwei Stunden waren wirklich Fasching.«

Klingt vielleicht flapsig und sollte im Hinblick auf seine künftige Tätigkeit nicht missgedeutet werden. Denn der 39-Jährige Neuparlamentarier nimmt seine Sache ernst. (Ein ausführliches Interview mit Andreas Nowak erscheint in einer unserer November-Ausgaben.)

Seine zahlreichen Aktivitäten vor dem 31. August möchte er keinesfalls als bloßes Wahlkampfgetöse verstanden wissen. So saß er zum Beispiel einen Tag nach seinem Wahlsieg wieder auf der Brücke Stuttgarter Allee und bedankte sich bei seinen Wählern. Am Erfolg seiner formulierten Ziele, wie die populäre Forderung nach Schulsanierungen und eine Optimierung des S-Bahn-Taktes, wird er sich irgendwann messen lassen müssen.

Ambitioniert sind diese allemal und Nowak ist sich dessen bewusst: »Ich weiß auch, dass das nicht in drei Monaten erledigt ist. Aber ich kann versuchen an den richtigen Stellschrauben zu drehen.« So will er, der sich als erster Lobbyist für seinen Wahlkreis versteht, künftig wichtige Entscheidungsträger nach Grünau einladen, damit diese sich vor Ort ein Bild machen können. Sollte ihm dies gelingen, kann das dem Stadtteil nur zu Gute kommen.

Zunächst ist Nowak allerdings mit der Suche nach einem geeigneten Bürgerbüro beschäftigt. Geliebäugelt hatte er mit dem der LINKEN auf der Stuttgarter Allee, in der Annahme, diese würden nach Verlust ihres Direktmandates die Räumlichkeiten schließen. Kurzzeitig sah es sogar danach aus, aber mit allerlei Zahlen- und Finanz-Jonglage hat sich die Partei für den Verbleib ihres Büros entschieden, welches künftig von der Landtagsabgeordneten Cornelia Falken betrieben wird.

Zu herb wäre der Verzicht auf eine linke Anlaufstelle in einer ihrer absoluten Hochburgen, die Grünau trotz allem nach wie vor ist. Pellmann junior sowie senior planen weiterhin Bürgersprechstunden, über weiterführende Angebote müsse man noch befinden.

AfD-Kandidat Uwe Wurlitzer hat sein künftiges Domizil bereits gefunden. Er bezieht im November das ehemalige Optiker-Geschäft in der Selliner Passage, das damit nur wenige hundert Meter von seiner Wohnung entfernt liegt. Wurlitzer als Direktkandidat für Grünau angetreten, hat mit 8,5 Prozent aus dem Stand das viertstärkste Ergebnis eingefahren, ist durch seinen äußerst günstigen zweiten Listenplatz dennoch in den sächsischen Landtag eingezogen und in Grünau ein alter Bekannter.

Nicht nur, dass er hier seit 28 Jahren lebt und damit natürlich im ureigensten Interesse die Geschicke Grünaus beeinflussen möchte. Als ehemaliges CDU-Ortschaftsratsmitglied und Initiator des einstigen Schulzoos in der Binzer Straße, war der ebenfalls 39-Jährige auch früher schon im Stadtteil politisch wie sozial aktiv und engagiert.

Als Vertreter einer Partei, die in Dresden wie anderswo noch äußerst argwöhnisch betrachtet wird, schätzt der selbstständige Immobilienmakler und junge Familienvater seine Einflussmöglichkeiten als eher gering ein, aber: »Man wird uns auch nicht immer ignorieren können. Ich sehe unsere primäre Aufgabe als die einer klassischen Oppositionspartei. Wir werden den Finger in die Wunde legen.«

Darüber hinaus erhoffe er sich einen parteiübergreifenden Schulterschluss, was grünauspezifische Themen betreffe. Noch etwas ist Uwe Wurlitzer sehr wichtig: Er möchte die Jugend wieder für Politik interessieren. Denn in der steigenden Zahl an Nichtwählern sieht er ein klares Unverständnis gerade der jüngeren Generation gegenüber politischen Entscheidungs- und Mitbestimmungsprozessen.

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